Florian BAUDREXEL (*1968 in Munich, GER)
Lives and works in Berlin (Germany)
Florian Baudrexels Skulpturen, Installationen und Wandreliefs sind geballte Energie. Als dichte Ansammlungen geometrischer Elemente aus Gips, Pappe und anderen Alltagsmaterialien schieben sie sich dem Betrachter entgegen. Sie fordern den physischen Dialog und verkörpern zugleich eine geistige Dimension: Ihre Vorbilder sind die Ikonen der klassischen Moderne. Baudrexel bedient sich der Bildsprache des frühen 20. Jahrhunderts, indem er die Zusammensetzung einzelner abstrakter Formen sorgfältig abwägt und sie zu einem stimmigen Ganzen kombiniert. Temperament und Ratio verbindet er zu symbiotischen Einheiten, die sich in einem energiegeladenen Schwebezustand zwischen Malerei und Skulptur befinden.
Baudrexels Umgang mit dem Material geht auf das kompositorische Feingefühl des Konstruktivismus zurück, wie es etwa von Wladimir Tatlin und Alexander Rodtschenko erprobt wurde. Gleichzeitig erinnert die Dynamik der Arrangements an die laute Bildsprache der Futuristen, an Giacomo Ballas oder Umberto Boccionis kraftstrotzende Figuren und ekstatische Situationen. Auch die Verwendung von Pappe evoziert einen Heroen der Avantgarde: Als billiges Alltagsmaterial tauchte sie schon zu Dada-Zeiten bei Kurt Schwitters auf, und auch heute wird sie immer wieder künstlerisch verwendet, etwa bei Manfred Pernice und Thomas Hirschhorn. Deutlich ist auch der Einfluss Frank Stellas, dessen Werk sich von den frühen, streng strukturierten „Shaped Canvases“ zu geometrisch-barocken Wandinszenierungen entwickelte. Baudrexel kopiert jedoch die Errungenschaften seiner Vorläufer nicht, sondern er modifiziert und überträgt sie in eine gestalterische Sprache des 21. Jahrhunderts.
Von besonderer Bedeutung sind die Titel der Arbeiten. „Forces of the Power“ (2004) wirkt wie ein Symbol übermenschlicher Kräfte, ähnlich moderner Motive wie Auto oder Maschine, die bei den Futuristen eine zentrale Rolle spielten. Baudrexel schließt damit die figürliche Assoziation in seinem Werk nicht aus, sondern setzt sie sogar bewusst ein, um seinen Gebilden eine rhetorische Sprache zu verleihen: Die bloße Form birgt das Potential, zur Figur zu werden und umgekehrt. Damit sind sie Vexierbilder im doppelten Sinne: Sie begreifen sich nicht nur als Objekte, die zwischen Zwei- und Dreidimensionalität hin- und herkippen, sondern bewegen sich an der Grenze zwischen Abstraktion und Assoziation.